Das war 2024
Herzlich willkommen 2025! Und wieder ist ein sehr ereignisreiches Jahr rum. Ich bin nach wie vor in Indien, und da hier in Goa ca 25% der Bevölkerung Christen sind, ging es sogar recht weihnachtlich zu. Aber fangen wir vorne an.
Das erste Quartal des Jahres stand ja noch ganz im Zeichen der Van-Reise. Die Kanaren, und dann durch Spanien und Frankreich zurück nach Deutschland. Das war eine Menge Action, bis ich dann im April erstmal wieder in Berlin gestrandet bin.
Ich hatte an dieses Jahr im Van keine speziellen Erwartungen, ich wollte einfach rumfahren und meine Ruhe haben. Und das hat auch prinzipiell super geklappt. Ich hätte auch nichts dagegen gehabt, mit einem brillanten Lebensplan wieder zurück zu kommen. Das hat weniger geklappt. Ich hatte mich ja recht schnell entschieden, kein Haus in Spanien zu kaufen, und gerade das Ende der Reise war doch etwas holprig, gelinde ausgedrückt. Passenderweise läuft dazu gerade auf meinem Walkman dieser Song:
Also in Berlin ein wenig wieder zurück auf Los, in einer Stadt, die dafür hervorragend geeignet ist. Wenn man die unzähligen Sirenen ignoriert, die dir ohne Unterlass ins Ohr säuseln. Oder in die Nase (das war ein anderer Clapton Song). Es war recht schnell klar, dass mich diese Stadt entweder ruinieren, oder einen großen Schritt nach vorne bringen würde. Crossroads. Ich habe mich zum Glück für letzteres entschieden.
Mit fast 50 (es liest sich immer noch grausam) kann man ja auch mal einen Schritt machen. An dieser Stelle wird es wieder Zeit für ein Gedicht von Hermann Hesse. Es ist ja ein wenig Mode geworden, Hesse nicht mehr toll zu finden. Soll mir egal sein. Tiktok rettet ja gerade die Verlage, ein Drittel der unter 30-jährigen wird über soziale Netzwerke auf Bücher aufmerksam. Ist doch mal was, auch wenn es da wohl eher um literarisches Aufstoßen geht. Und auch nicht um eBooks, wie man vielleicht heutzutage erwarten würde. Wahrscheinlich, weil man die so schlecht in die Kamera für Instagram halten kann. Oder im Regal drapieren. Das Buchpapier als das neue Vinyl. Wie der Kölner Antiquar Klaus Willbrand (auch Social Media Star) so schön im Tagesspiegel meinte:
Wenn Sie solche Bestseller lesen, nützt Ihnen das gar nichts. Damit können Sie nur die Zeit totschlagen - aber Sie sind nach 50 Jahren noch der gleiche Idiot wie vorher.
Das soziale Medien gerade junge Menschen anscheinend eher unglücklich machen ist ja jetzt schon öfters erwähnt worden. Aber bestimmt nicht, weil sie Mädchen dazu bringen, Schundromane zu lesen. Ich werde mich an dieser Stelle nicht sentimental über am Büdchen erworbene Perry Rhodan Heftchen äußern (für 1,50 DM).
Ich hoffe auf jeden Fall, dass die in dem Artikel benannte u-förmige Glückskurve tatsächlich veraltet ist, ansonsten steht mir bald statistisch das große Glücksloch bevor. Der wellenförmige Velauf, der ist es bestimmt, es geht jetzt also erst mal richtig los! Bestimmt!
Also zurück zu Hesse, da war er wesentlich jünger als ich jetzt. Also sehr wesentlich. Egal.
Der Zecher nach einer frohen Nacht
Der Morgen dämmert rosig in der Ferne,
Als spräche er von fernem, großem Glück,
Mit bleichem Schimmer glänzen noch die Sterne,
Das Licht verlöscht und trüber wird der Blick.
Die Freunde sind allmählich weggegangen,
Ich bin allein und starre in die Nacht,
Es röten sich und glühen heiß die Wangen,
Still ist's, wo Freude eben noch gelacht.
Der Wein verschäumt im silbernen Pokale,
Ein Morgenschauer weht mich frierend an,
Zerreißt die grauen Nebel dort im Tale
Und spottet ob dem heimatlosen Mann.
Und durch die Seele zieht ein wildes Sehnen,
Ein bunter Traum von froher, alter Lust,
Und aus den Augen rinnen heiße Tränen
Und einsam stöhnt die wildbewegte Brust.
Verklungen ist das Klirren voller Becher,
Der Blick ist trüb und, ach, das Herz so leer,
Verschwunden sind die jugendlichen Zecher,
Der Instrumente Wirbel rauscht nicht mehr.
Wir haben manches frohe Lied gesungen,
Wir haben über manchen Scherz gelacht,
Die Lieder und die Scherze sind verklungen,
Und rings um mich ist rabenschwarze Nacht.
Was hilft der Zauber? Die verlornen Tage
Gehören ewig der Vergangenheit,
Das Käuzchen ruft; es stimmt in deine Klage
Um deiner Jugend, deiner Liebe Zeit.
Wer das zu dramatisch findet, sollte schnell auf Tiktok wechseln (Hashtag #Booktok). Also zum dämmernden Morgen des ersten Verses, der hatte dann viele Facetten, zentral dabei Arhatic Yoga, das mich, mal mehr mal weniger, seit 30 Jahren begleitet, seitdem ich GMCKS in Hamburg begegnet bin. Irgendwie hat es diese 30 Jahre gedauert, um damit wirklich anzufangen. So ist das halt mit dem Karma. Wie Master Co letztens sagte, Karma is Entitlement.
Nach Berlin ging es dann ja noch kurz in die Türkei und nach Italien. In 2024 bin ich doch etwas rumgekommen. Und nein, nicht mit dem Lastenrad. Also kein gutes Klimakarma, leider.
Neue Haare in Istanbul und neue Zähne in Berlin. Was man so macht mit Ende 40. Immerhin die neue Leber konnte ich abwenden.
Dank last.fm gibt es auch hervorragende Statistiken zur Musik. 10709 Songs waren das in 2024.
Hier in Goa ist das Wetter ähnlich verlässlich hervorragend wie auf den Kanaren. Es sind jeden Tag gute 30 Grad und so gut wie nie Regen. Irgendwann die nächsten Wochen sollte auch der Wind etwas zulegen, dann kann man hier auch Kiten. Drohnen darf man hier leider keine fliegen (als Ausländer), und das Onewheel war dann doch etwas schwer für's Handgepäck. So wie die Playstation. Aber ich habe keinen Entzug, da ich meine Vita reanimiert habe. Ein nach wie vor phantastisches Gerät, auch nach 14 Jahren. Gerüchten zufolge soll es ja einen Nachfolger geben. Das wäre was. Das Brettspiel das Jahres war Botanicus. Wer Siedler nicht mehr sehen kann, sollte sich das auf jeden Fall mal anschauen.
Die Kombination aus Indien, Arhatic Yoga, Pranic Healing und kein Alkohol tut schon gut. Nach Jahren ist mein Bluthochdruck weg, wer hätte das gedacht.
Das ist jetzt der zweite Winter, den ich nicht in Deutschland verbringe, man kann sich dran gewöhnen. Licht ist halt nicht nur für das Sehen relevant, sondern auch für die Stimmung, Kognition und die Physiologie.
Apropos Stimmung, man macht sich ja schon länger Sorgen um Deutschland und Europa. Die New York Times fasst es ganz gut zusammen:
For a continent that once saw itself as a middle way between the unbridled market capitalism of the United States and the various authoritarians stationed farther east, it’s a bitter irony that it now seems headed for pale imitations of both. And with Donald Trump around the corner, the hard times may have only just begun.
Ich dachte ja immer, ich sähe das alles sehr kritisch, aber wenn ich die deutsche Presse lese, kann ich mir hier nur am wieder teilbehaarten Kopf kratzen. Wenn der geschätzte Herr Casdorff im Tagesspiegel zum Jahreswechsel schreibt:
Vielleicht ist das der wichtigste Vorsatz auf dem Weg ins Neue, in [sic] neue Jahr: dass wir uns weite Wege und langen Atem zutrauen: dass wir die uns zugedachten Rollen beherzt annehmen; dass wir uns nicht mehr fürchten als unbedingt nötig. Das alles ist nötig, damit wir den Zukunftsplänen und unserem Glück eine Chance geben. Damit wir einen weiten Horizont zurückgewinnen und eine gesunde Seele.
Heia, was ist dann da los (mal abgesehen vom Satzbau)? Deutschlands Seele ist erkrankt an Selbstmitleid wie es scheint. Wählt doch einfach mal keine Parteien, die das Land immer mehr in die Scheiße reiten. Was passiert, wenn man CDU, SPD oder FDP wählt, konnte man jetzt wirklich lange genug studieren. Über die Faschisten von AfD und BSW müssen wir gar nicht erst reden. Auch wenn es schwer fällt, und ich Herrn Habeck für den potentiell nächsten grünen Genossen der Bosse halte, wählt einfach mal die Grünen. Gibt halt nichts anderes. Und nicht zu wählen, oder eine Partei, die es eh nicht schafft, ist eine ganz schlechte Idee.
Es wird also ein interessantes 2025, was auch immer das genau bedeuten wird. Nach Indien geht es wohl über Italien erstmal wieder nach Berlin. Bis zum Herbst oder sowas. Ende Januar muss ich Indien kurz verlassen, wegen meines Visums. Mal sehen, wohin der Abstecher geht. Ein frohes 2025 auf jeden Fall.